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 Der Hauptgang

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Elenia Faroe
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BeitragThema: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeSa 17 Nov 2012 - 1:51

Der Hauptgang  Daguerre_-_Rosslyn_Chapel

D E R H A U P T G A N G


Den Hauptgang stellen die meisten Schüler einer Autobahn gleich. Er erstreckt sich über mehrere hundert Meter, ist von Spitzbögen und Säulen gesäumt und von diesem Gang zweigen die meisten anderen ab. Seien es die Klassenzimmer, die Schlafsäle oder geheime Gänge und Eingänge. Einmal auf dem Hauptgang angelangt, ist verirren praktisch unmöglich.
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Kaitlyn Muriel Gruffudd
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeSo 18 Nov 2012 - 0:37

Ich verdrehte die Augen. Bei Gott, die musste mal einen Kurs machen, in dem man lernte, nicht alles was andere sagten persönlich zu nehmen. Ich strich mir eine Strähne aus der Stirn, als sie sich in Bewegung setzte. Wieder lag mein Blick auf ihrer Rückseite, auf ihrem Rücken, ihrem Rock, ihrem Haar. Vielleicht sollte ich mich daran gewöhnen hinter anderen her zu laufen und ihre Schritte zu zählen, so gut es ging. Hm.
Elenia redete auch beim Gehen weiter und ich bemühte mich sie einzuholen. Bis zu meinem zehnten Lebensjahr hatte ich eindeutig zu den Leuten gehört, die sich nicht mehr bewegten, als sie mussten. Jetzt war dies anders. Ich ging jeden Morgen laufen, so gut dies ging. Danach stellte ich mich unter die scheißkalte Dusche und schnappte mir ein Brötchen und meine erste Marlboro. Ich nannte es eine exzessive Dauerdiät.
Sie erklärte mir, sie hätte nie Metallica gehört. Hm. Fühlte die sich jetzt toll? Ja? Gut, ich stand auf Metallica und das würde auch so bleiben. Egal wie hart die Fans waren. Rammstein, gut, klar auch ich hatte Alben wie Mutter und Reise Reise. Selbst auf ihrem iPod hatte ich Rammstein, gehörte mit zu meiner Laufmusik wie im übrigen auch Centhron.
Centhron, Rammstein, NOFX etc.
Musik, die es mir erlaubte meinen Körper bis an seine Grenzen zu bringen, bis ans Äußerste zu quälen und bis zum Erbrechen zu reizen. Zu rennen, sprinten, laufen. Laufen so weit und schnell wie nur möglich. Dieses Gefühl, die eigenen Beine nicht mehr zu spüren, unter der Kälte und Feuchtigkeit zitternd. Den rasselnden Atem und auf den Ohren Rammstein. Dieses Gefühl war unglaublich, beinahe so wie das, oben auf einem Berg zu stehen und runter zu sehen. Und dann, einfach runter. Unentdeckte Strecken. Offroad.
Ich lief neben ihr, sah sie von der Seite an. Auf meiner Tasche fummelte ich einen silber eingepackten Streifen Kaugummi, das Papier zerknüllte ich in meiner Hand zu einer kleinen Kugel, die ich wieder in meiner Tasche verschwinden ließ. Dann stopfte ich mir, den zu einer Schnecke aufgerollten, Streifen in den Mund.
Jaha, ihr seid die Harten.“, ich konnte mir nur schwer ein Grinsen verkneifen, schaffte dies jedoch. Klar, sie waren die ganz Harten. Sowieso, sie war die Tollste und Beste und Schönste. Hach und mich nannte sie Frischling. „Tja, dann Raise your fist, ne.“, ich zwinkerte ihr zu, „Ach scheiße, wills du?“, fragte ich und bot ihr einen weiteren Streifen Kaugummi an. Pfefferminz oder so. Diese Geschmacksrichtung, in die auch Zahnpasta ging. Hm.
Wir liefen weiter, schwiegen.
Das Gemäuer änderte sich und ich hatte das Gefühl, dass der schwarze Stein eine Nuance heller wurde. So hell schwarz eben werden konnte. Viellecht war es auch gar kein Schwarz mehr, vielleicht ganz, ganz, ganz, ganz dunkles Antrazit oder Grau oder so. Es war auf jeden Fall und da war ich mir unendlich sicher, kein Sandstein. Unser Haus hatte aus Sandstein bestanden, das auf Kreta. Nur ein ganz kleines Haus in der Nähe des Strandes. Ich war früher immer dort gewesen in den Ferien mit meinen Eltern. Früher.
Ja, bis ich Alkohol, Drogen und Sport entdeckt hatte, war meine Kindheit verdammt glücklich. Unendlich glücklich. Scheiß, verfickt glücklich. Aber war sollte man tun? Früher war alles besser, sagten die Menschen doch, früher.
Ich hasste dieses Wort, das machte einen Depressiv. Und depressiv wollte ich nicht werden, ich kannte viele. Viele derer, die ich meine Freunde nannte, hatten klinisch diagnostizierte Depressionen. Sie ertränkten sie im Alkohol oder erstickten sie im Rauch ihres Joints, ihres Cracks. Danach löschten sie es mit Koks. Junkies, alles Junkies. Junkies, Dealer, Schlampen und im Endeffekt alle Psychopaten. Sicherlich war selbst ich psychisch gestört, jedenfalls durch die Sucht alle Mal.
Wir standen hier, nicht lange, aber der Raum in dem wir uns befanden, wirkte nicht mehr ganz so erdrückend, wie der eben. Ich konnte das erste Mal die anderen Schüler sehen. Keiner Lachte, keiner. Keiner schien in jeglicher Weise irgendwie glücklich. Ich schluckte und ertrug ihre Blicke, die still und schwer auf meinen Schultern ruhten. Mädchen, Jungen. Kein wirkliches Material ein paar wirkten merkwürdig in den Uniformen, mit den harten Gesichtszügen und den unglaubliches Muskeln.
Mörder, Psychopaten, Vergewaltiger.
Meine zukünftigen Nachbarn. Na wündervoll. Wie stiegen die kleine Treppe hinab, als Elenia sich zu mir umdrehte. Sie erklärte mir, dass dies hier eine Art Hauptstraße war. Eine Autobahn. Ich nickte, beah mir kurz den Gang, dessen Ende ich nicht erkennen konnte mit seinen Spitzbögen und Türen an den Seiten. Na Toll, ich nickte.
Elenia ging wieder und ich folgte hier.
Hm.
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeMo 19 Nov 2012 - 4:48

Mit einem stummen Dank in den Augen zerkaute Elenia den Kaugummi. Herrlich, so ein Frischling von draußen, der die Zivilisation mit sich brachte und sie auch noch zu teilen vermochte. In welcher Form auch immer.
Sie hinterließen leichte Abdrücke auf dem Boden. Der Staub der letzten Jahrhunderte weigerte sich penedrant zu weichen, vergammelte dort unten und ließ sich einfach nicht entfernen. Die Beiden passierten einige der anderen Schüler, neugierige Augen bohrten sich in Kaitlyns Fleisch und schienen ihre Organe über sie wie eine zweite Haut stülpen zu wollen. Elenia warf ihnen einige böse Blicke zu, dann wandte sie ihren Kopf wieder zu ihrer Begleitung um. "Nimm dir ihren Hass nicht zu Herzen. Das Problem ist nur, dass sie sich selbst nicht mehr ertragen können. Armselige Kreaturen, die ihr ganzes Leben wohl noch hier verbringen werden. Leg dich lieber nicht mit ihnen an. Das sind die Schlimmsten." Und dann marschierten sie weiter. Das ewige Hallen ihrer Schritte begleitete sie auf jedem Zentimeter, ließ Kaitlyn nur ansatzweise erahnen, welche gigantischen Ausmaße dieses Schloss besaß. Elenia erinnerte sich noch an ihr erstes Mal. Es war prägend, wichtig für die weitere Laufbahn hier. Irgendwie. Der erste Eindruck und die Wirkung machten den Unterschied, wie man sich benahm. Später, wenn man sich eingelebt und das Fürchten verlernt hatte. Es war lächerlich, aber sie wünschte sich manchmal, dass sie immer Angst haben würde. Wer keine Angst hatte, konnte nicht mutig sein. Hatte ihr Vater immer gesagt. Sie musste lächeln. Langsam und zärtlich. Dann holte sie die Realität wieder und schlug ihr mit höhnischem Gelächter in die Fresse. Präventivschlag. Der hatte gesessen.
Sie stoppte, hielt Kaitlyn mit einer stummen Handbewegung zurück und zog sie dann schnell und unaufällig hinter eine der mächtigen Säulen.
Elenia legte ihren Zeigefinger an die Lippen und schüttelte den Kopf. Keine Fragen. Nur Antworten.
"Wenn du ganz unauffällig hinter der Säule hervor schaust, rechts hinten. Da siehst du wen. Wenig Muskeln, viel Hirn. Der mit der Brille, dem verschnittenen braunen Haar und der schiefen Nase. Er hat ein helles Buch unter dem Arm. Ziemliche elegante Körperhaltung. Siehst du ihn!", fragte sie leise und hielt Kaitlyn immer noch fest am Oberarm.
"Das ist einer der gefährlichsten hier drinnen. Wenn du ihm nachts auf einem Flur begegnest oder ihn alleine antriffst - ohne mich, ohne einen Lehrer in der Nähe. Dreh dich um und renne. Renn einfach, egal was passiert", beschwor sie den Welpen mit einem eindringlichen Blick und als wäre das nicht genug, presste sie ihre Fingernägel noch einmal kurz in ihren Arm. Heiliger, was macht er hier? Er sollte nicht im Hauptgang sein, sollte irgendwo von einem Wächter bewacht werden. Warum zum Teufel war er alleine unterwegs!
"Das ist Rasmus. Waisenkind aus Russland. War ja wieder typisch", sie verdrehte kurz die Augen. Die komischsten von allen kamen aus dem kalten Norden. Wie sie. Passend. Irgendwie. "Wieviele der in echt getötet hat ist unklar, offiziel ist die Rede von sieben. Die hätten ihn ja eigentlich direkt eingebuchtet aber er hat die Richter gekauft und die Zeitschriften und Berichte alle gefälscht. Er hat einen IQ von knapp 200." Sie legte eine kurze Pause um die Infomationen sacken zu lassen. Es war eines dieser Gespräche, bei welchen Zeit zwischen den Worten vergehen musste. Um Angst zu empfinden. Oder sonstiges. "Er hat seine Opfer...gegessen. Die Backen bevorzugt. Ein scheiß Kannibal, der - wie ich glaube - auch hier noch die ein oder anderen Gesicht verspeist. Schau ihm nie in die Augen. Er guckt dir bis auf die Seele hinunter, ich schwöre bei Gott. Der Kerl ist so gestört, das ist abartig. Intelligent ohne Ende, immer irgendein anderes Folterinstrument am entwerfen und er zieht Menschen in seinen Bann beim Sprechen. Wie Hitler oder Stalin. Wirklich."
Sie packte Kaitlyn noch einmal, besah sie mit einem kurzen durchlöchernden Blick und ließ dann ab von ihr.
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeMo 19 Nov 2012 - 7:23

Ich hätte es wirklich nicht geglaubt, echt nicht. Überraschte mich ziemlich, aber sie hatte es getan. Zwar ohne wirklichen Dank aber fuck yeah, mir hatte seit Jahren keiner mehr gedankt. Doch Bill. Immer dann wenn ich ihm sein Gras in das Papier gedreht hatte. Solch eine Scheiße wie der, wollte ich auch nicht durch machen. Aber sie hatte ihn genommen und jetzt bewegte sich ihr Kiefer hin und her. Hm. Vielleicht konnte an sich durch Kaugummi hier Freunde machen. Oder Verbündete. Oder was auch immer.
Wir liefen ein paar Meter in den Gang hinein, die Blicke der Anderen hefteten sich wie Kleister an meinen Rücken und ich schien sie mit zu schleppen. Sie sogen sich in das Leder meiner Jacke und verklebten die Fasern meines T-shirts. Metallica-Band-Shirt versteht sich.
Ich sah aus dem Augenwinkel wie Elenia sich umsah, dann richtete sie ein paar Worte an mich. Ich ließ sie im Raum stehen, lächelte nur. Ich nahm mir schon lange nichts mehr zu Herzen, erst Recht nicht den Hass. Angst, ja durchaus, damit beschäftigte ich mich teilweise aber auch nur wenn ich in der Stimmung dazu war.
Wenn ich mich so entsann, musste es in der Grundschule gewesen sein, als ich das letzte Mal wegen Jemandem geweint hatte, der etwas über mich gesagt hatte. Nancy, so ein Mädchen aus den Bronx. Hatte nun irgendwie reiche Eltern, die hatten sie adoptiert, oder so. Auf jeden Fall hatte sie immer damit angegeben, dass sie ja wusste von was sie sprach, wenn sie das echte Leben meinte. Sie hätte ja bis sie in den Kindergarten gekommen war, nicht mal gewusst, dass ihr Name gar nicht Arschloch war. Ich hatte keine Ahnung wo sich ihre leiblichen Eltern hin verpisst hatten, aber verübeln konnte ich ihnen dies nicht.
Würde mich nicht wundern sie hier wieder zu treffen, wenn sie sich nicht längst tot gefixt hatte.
Das war wirklich merkwürdig, viele Leute, die ich schon echt lange kannte nahmen Tag für Tag ihre Ladung Koks, rauchten ihren Joint oder setzten sich ihre Spritze Heroin. Aber sie waren alle am Leben. Mehr schlecht als recht. Aber immer hin. Wenn dies ein Leben war, wenn man den Tag nicht von der Nacht unterscheiden konnte und längst keine Nasenscheidewand mehr besaß. Wenn man gerade die Kraft auf brachte, sich die Spritze zu setzten, die nötig war um den Verfall zu beschläunigen. Den Verfall des eigenen Körpers und ich hatte ihnen dabei zu gesehen. Dabei zu gesehen, ihnen dabei geholfen wie sie Stunde um Stunde, Spritze um Spritze, Zug um Zug ihre Unterschrift erneut unter den Verkaufsvertrag für ihre Seele setzten. Ich würde nie vergessen, wie Bill mich angesehen hatte, als ich meinte, ich würde ihm nichts mehr geben. Jedes Mal überlief mich ein weiterer, kalter Schauer bei dem Gedanken an seine dunklen, leeren Augen.
Ich kaute auf meinem Kaugummi herum und versuchte gerade eine perfekte Kugel aus ihm mit der Zunge zu machen, als Elenia mich zum stehen bedeutete. Kurz sah ich sie fragend an, öffnete den Mund, aber sie hatte den Zeigefinger auf den Lippen. Sie hielt mich am Oberarm und deutete an der Säule vorbei auf einen Jungen. Er war schlaksig und Elenias Beschreibung traf ihn echt gut. Er sah aus, als fehlten ihm sein Computer und irgendetwas was er hacken konnte. Oder seine online Freunde, die er nur des Nachts in seinen Chatrooms treffen konnte und sich mit ihnen über Formeln oder ungelöster Softwaredinge unterhalten konnte. Was bei Jesus tat denn so ein Typ hier.
Mörder, Psychopaten, Vergewaltiger.
Ich war mit ziemlich sicher, dass er sich in das Kontensystem einer Bank gehackt hatte oder in den Speicher irgendeiner Firmer oder in sonst irgendetwas wichtiges.
Ich guckte sie ein wenig belustigt an, als sie meinte, er sei der Gefährlichste in ganz Nerodom. Ich hatte jetzt mit irgendeinem Riesen gerechnet aber nicht mit...so Jemandem. „Reden wir beide von dem Selben Kerl?“, ich zog eine Augenbraue hoch und zuckte kurz zusammen, als sie ihre Nägel in meinen Oberarm bohrte, „Der Nerd da hinten.“ Der Nerd stellte sich als Rasmus raus. Rasmus. Unter dem Namen hätte ich mir jetzt was großes, bäriges vorgestellt. Meine Kinnlade fiel hinter, der Kerl hatte einen IQ von 200. Das hatte nicht mal Albert Einstein, oder der Gründer von Microsoft oder sonst irgendjemand. Man kam bereits mit 154 auf ein Hochbegabteninternat und der Kerl hatte einen IQ von 200. Mir wurde schwindelig. Ich hatte sicherlich gerade einen von 80 oder 100 oder höher. Hm. Es lief mir kalt den Rücken hinunter, der aß seine Opfer. Wie dieser Typ in Miami. Der hatte Badesalz geraucht und ein Gesicht gegessen. Widerlich. „The next Hannibal Lector, oder was?“, versuchte ich zu scherzen. Traf bei meiner Gegenüber jedoch auf eiskalten Stahl. Ich sah zu Boden. „Gut, schon klar. Nicht ansehen, geschweige den ansprechen und nie im Leben Badesalz rauchen lassen. Is' klar.“, sie verglich ihn mit Hitler. Dieses ganze Internat hatte etwas von Hitler, war irgendwie alles rechts hier. Irgendwie. Elenia ließ mich los, ich sah sie an, „Sag mal, wo schlafen wir...oder ich eigentlich?“, versuchte ich das Gespräch auf ein anderes Thema zu bringen.
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeFr 23 Nov 2012 - 2:36

Wahrscheinlich hatte sie gewusst, dass es genauso kommen musste, als sie Kaitlyn das erste Mal an der Schwelle des Schlosses getroffen hatte. Schon als ihr Blick über ihre dünne, brünette Gestalt gestriffen war und sie sich die merkwürdigsten Dinge in ihrem Kopf ausgemalt hatte, schon da hatte sie begriffen, dass sie es tun musste. Oh Gott, wie sich das wohl anhörte. Elenia musste es tun. Lächerlich. Trotzdem wahr.
Sie blinzelte ihr entgegen, erst fassungslos, dann immer wütender. Was glaubte sie eigentlich, was sie selbst hier tat? Unterhaltungsspaß der niederen Art?
Und ehe sie selbst einen klaren Gedanken formen konnte, holte sie aus und verpasste ihrer Gegenüber eine saftige Ohrfeige. Ihre Fingerspitzen kribbelten wie von Ameisen beseelt auf und mit Genugtuung beobachte sie die feine Verfärbung auf ihrer Wange.
Ihre Augen sprühten giftige Funken und sie presste ihre Lippen in einer dünnen Linie zusammen. "Was denkst du eigentlich ist das hier für mich? Spaß? Glaubst du ernsthaft, ich mache das weil ich eine so tolle Musterschülerin bin? Wirklich? Scheiße Kind ich will dir hier den Arsch retten! Deinen verfickten Hintern!", sie verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte ihre Stimme zu senken. Aufmerksamkeit in diesen Mauern war tödlich.
"Ich will nicht deine Freundin sein, bei Gott nicht - aber ich will dir hier das überleben sichern! Und da solltest du mal anfangen meine Worte ernst zu nehmen!"
Sie packte Kaitlyn am Kragen und zwang sie sich umzudrehen. Rasmus machte sich irgendwelche Notizen, kritzelte in panischer Hektik Formeln und Zahlen und Sätze nieder, soweit sie das von hier aus beurteilen konnte. Was zum Teufel heckte er jetzt schon wieder aus? "Dieser Kerl ist das schrecklichste was dir zwischen diesen Mauern passieren kann. Verstehst du das!?", zischte sie leise in ihr Ohr und rüttelte sie langsam.
Möglicherweise musste sie erst erwachen, bevor sie erkennen konnte, dass ihr Traum von einigen entspannten Jahren der Alptraum ihres Leben war. Vielleicht musst sie schmerzhaft aufwachen, den Schleier der Angst durchbrechen. Oder sie war schon tot.

//wäääähhh! Voll kurz und Farbe geändert - schorry! :'(
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeMo 26 Nov 2012 - 5:24

Endlich.
Verfuckte Scheiße, endlich. Wie lange hatte es gedauert? Wie lange. Zu lange. Ich brauchte es, ich brauchte dieses Gefühl der Hilflosigkeit und jenes, der absoluten Erschöpfung. Ich war süchtig nach dem Gefühl, welches man hatte, nachdem man sich komplett verausgabt hatte. Das, nachdem man gekotzt hatte. Wenn man lief und einen die Übelkeit überkam, sie überkam einen und wollte einen in die Knie ziehen. Doch ich hatte stets dagegen gehalten und erst nachdem, nur noch Galle kam, war ich glücklich. Verdammt glücklich.
Ich brauchte den Adrenalinkick bei einem Sprung. Das Seil war nie gerissen, nie. Jedenfalls nicht bei mir. Immer hatte es mich gehalten. Das Gefühl, wenn man sich in die Tiefe stürzte und realisierte, dass jeden Moment, sein Fuck-Leben vorbei sein konnte. Den Moment des Zweifels vor dem abstoppen des Seils. Und dann, die absolute Wunschlosigkeit.
Meine Eltern hatten mich für verrückt, krank und psychisch gestört erklärt. War sicherlich auch ein Grund, warum ich überhaupt hier war. Einer dieser scheiß Gründe.
Ich genoss den Schmerz. Ja verdammt, ich brauchte es. Ich brauchte Taten um zu kapieren, Worte reichten bei mir nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Ich spürte wie das Kribbeln von meiner Wange in Richtung meiner Faust wanderte. Ganz langsam bahnte es sich seinen Weg über die Schulter in den Oberarm. Es erfüllte meinen Ellbogen, Elle und Speiche. Es nahm mein Handgelenk vollendens ein und brachte es dazu, sich zu versteifen. Es wanderte von meinem Handgelenk in die Mittelhand, füllte jegliche Bänder, Muskeln und Venen, jeden Fingerknochen bis in die Kuppeln. Meine Finger vekrampften sich und formten eine astreine Faust mit der ich jeden Arschloch perfekt die Fresse polieren könnte.
Ich starrte auf den Boden, betrachtete die Fugen der alten Steinfliesen zu meinen Füßen. Malte mir aus, was für ein armer Vogel die wohl mal gelegt hatte. In diesem Gemäuer wäre es nur real, wenn er sich danach hatte selber noch einmauern müssen. Ich schluckte. Bis vor kurzem hatte ich nicht daran geglaubt, dass irgendwo in Britannien noch gefoltert wurde. Ich dachte immer, Amerika wäre das einzige Land, welches noch die Todesstrafe hatte und gefoltert wurde nur noch irgendwo in Asien und Afrika. Dachte ich. Bis jetzt. Hier wurde so hundert prozentig gefoltert, wie James Hetfield nie mehr eine andere Band gründen würde. Eine epische Band reichte doch, oder? Für mich war, ist und wird es auch immer bleiben, Metallica die wohl beste Band meiner Zeit und noch weit darüber hinaus.
Mein Blick flog über den Stein, bis er an den Dr. Martens meiner Gegenüber hängen blieb. Sie hatte einen guten Geschmack, dass musste ich zugeben. Langsam hob ich meinen Kopf, meine Augen ruhten ruhig auf den ihren. Sie waren grün, aber nicht apfelgrün sondern irgendwie anders. Auch nicht wie ein Smaragt, eher wie Jade. Meine Lippen zierte ein schiefes Grinsen. Ich hatte es geschafft, verfickt noch mal hatte ich es geschafft.
Ich hatte sie provoziert. Sie war nicht durchgefallen. Nein.
Danke.“, sagte ich nur leise und hob meine Faust. Scheiße, wie oft hatte ich dies schon getan. Meine Pupillen fixierten ihre Nasenflügel und meine Zähne kauten wie verrückt auf dem Kaugummi herum. Ich war auf Entzug, verdammte Scheiße. Crack. Verdammte Scheiße, Nikotin und die verdammteste verdammte Scheiße Metallica. Ich wollte zu schlagen, meiner Wut über den Entzug, über meine Fuck-Eltern und über alles hier einfach Luft geben. Hm. Meine einzige Verbündete wollte ich jedoch nicht verlieren. Meine Finger lockerten sich etwas und meine Hand schnellte nach Vorne.
Nicht hart, aber vielleicht ein wenig härter als gewollt traf ich ihren Oberarm.
Vielleicht hätte ich ihr doch lieber eine Brofist geben sollen. Hm.
Ach ja, die Sachen mit dem ernst. Hach. Ich war noch nie wirklich gut darin Leuten zu glauben und mit der Euphorie und dem Druck, mit dem Elenia mir hier versuchte Dinge klar zu machen, kam ich nicht zurecht. Ich konnte es ihr einfach nicht abnehmen. Aber anscheinend war es rihtig, denn nur wenige Sekunden später hatte sie erneut ihre Hand am Kragen meiner Lederjacke. Ich seufzte leicht. Irgendwann konnte sie mir auch einfach mal sagen, dass ich mich umdrehen sollte. Hm. Erneut rüttelte sie mich, ich verdrehte die Augen. „Scheiße ja! Ich hab' kapiert. Seh' vielleicht nicht so aus, aber Dinge kann ich mir schon merken.“, mit einer Bewegung meiner Hand befreite ich mich aus ihrem Griff. „Ich werd' hier eh früher oder später drauf gehen. Spätestens wenn meine Vorräte alle sind.“, murmelte ich leise. „Wenn ich nicht schon tot bin, verdammt.

//alles gut maan! Dafür hat meiner voll viel zu lange gedauert!
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeDo 20 Dez 2012 - 0:25

Elenia verzog das Gesicht, von plötzlichem schlechten Gewissen überfallen. Nun gut, die Kleine sah nicht halb so dumm aus wie sie am Anfang gedacht hatte und vielleicht, ganz vielleicht, hatte sie mit ihren Regeln und der Angst und dem Druck auch ein bisschen übertrieben. Sie seufzte, rieb sich mit einer Hand über die Stirn und ließ sich dann an einer der Säulen zu Boden rutschten. Staub und Schmutz freuten sich über ihre Anwesenheit, jubilierten und schenkten ihr Aufmerksamkeit. Sie passte und winkte Kaitlyn nach unten.
"Sorry, war nicht so gemeint wie es rüber kam. Ich will dir einfach nur helfen, das macht nämlich niemand hier drinnen", Elenia vermied es ihren Blick gen mächtige Himmelsdecke zu werfen. Das Gefühl der Beklemmheit und Furcht saß zu tief in den Gemäuern, als dass man es mit Blicken erfassen konnte. "Wenn du mal ein bisschen Zeug brauchst, kannst du dich bei mir melden", sie blickte ihr fest in die Augen. "Versuch einfach einen Ort in deinem Herzen zu finden, der glücklich und friedlich ist. Und immer wenn dir hier alles zuviel wird, die Mauern dicker und die Gefahr unüberwindbar, gedenke der Fröhlichkeit dieses Ortes und es wird dir besser gehen. Glaub mir..."
Ihr Blick suchte ein anderes Ziel und hätte sie sich nicht jahrelang an Selbstkontrolle und Disziplin geübt, die Trauer hätte sie wie eine Welle der Krankheit überfallen. Sie haftete an ihr wie das Leben, klebte und wollte sich nicht lösen. Heiliger, der Schmerz in ihrem Inneren - die Leere die er hinterlassen hatte war nicht kleiner sondern größer geworden. Wie ein rießiger Berg belauerte sie Elenia, jeden Schritt den sie tat überwachte und kontrollierte sie. Und hatte sie eine Lücke gefunden, sei sie noch so klein, unerbärmlich schlug sie jedesmal aufs Neue zu. Der Angriff war unvorhersehbar, jederzeit möglich.
Sie presste die Lippen aufeinander. Es konnte nicht so weitergehen. In jeder Sekunde, in welcher sie am Leben war, wünschte sie sich tot zu sein. Bei Lif, für immer, das Versprechen einzuhalten. Verdammt. Was war aus ihr bloß geworden? N' dreckiger scheiß Emo. Mehr nicht, weniger nicht. Doch die Empfindung in ihrem Inneren war zu mächtig, zu überwältigend, zu schlimm. Vielleicht hatte sie es schon seit der Sekunde seines Todes gewusst. Diese eine Wahrheit, diese unausgesprochene Notwendigkeit. Springen. Einfach springen.
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BeitragThema: Re: Der Hauptgang    Der Hauptgang  I_icon_minitimeDo 27 Dez 2012 - 3:53

Ich sah Elenia nicht an, machte ich ich doch schon bereit auf einen Kinnhaken oder ähnliches. Irgendwie passte dieses ganze 'Ich werde dich hier rum führen' Klischee nicht zu ihr. Den Eindruck hatte ich jedenfalls. Irgendwie passte sie nicht hier her, nicht nach Nerodom. Was hatte sie getan? Die Oma von nebenan gekillt? Irgendwie passten wir äußerlich beide nicht hier hin, genau wie dieser Nerd. In meinem Weltbild hätte er eine Schule für Hochbegabte besucht, oder ähnliches. Und Elenia, ja was hätte Elenia getan? Vielleicht die selbe, stink normale und langweilige High School besucht wie ich. Nicht Nerodom.
Nerodom mit seinem feuchten Gemäuer, den vergitterten Fenstern und den 'Schülern', die wirkten wie laufende Leichen. Innerlich tot, erdrückt von dem ganzen Druck – sie hatten aufgegeben. Vielleicht hatte auch Elenia aufgegeben, ja vielleicht würde auch ich in zwei Wochen aufgeben, oder in zwei Jahren oder in zwei Tagen.
Aus dem Augenwinkel beobachtete ich wie Elenia sich auf dem Boden nieder ließ. Es war als ginge sie vor der Macht des Gemäuers auf die Knie, oder vor mir. Aber wieso sollte sie. Ich tat es ihr gleich und bettete mich im Schneidersitz auf die kalten Steinfliesen. Ich würde eine Blasenentzündung kriegen und wie ich die kriegen würde. Und ich bezweifelte, dass hier irgendjemand Tabletten dagegen hatte. Ein heißer Tee würde es jedoch auch vollbringen, ich seufzte und lauschte ihren Worten. „Danke.“, flüsterte ich nur. Elenia wirkte wie eingefallen, sie war sicherlich mal anders gewesen und jetzt war sie beinahe tot. Wie alt sie war? Ich konnte es nicht sagen, aber ging davon aus, dass die Tage, Jahre, ja sogar Sekunden einen hier zeichneten. Jeder sah sicherlich älter aus, als er in Wirklichkeit war.
Ich zog eine Augenbraue bei ihrem Angebot nach oben. Sie schnelle verdammt schnell bis kurz unter den Haaransatz. „Mixt du?“, etwas verblüfft musterte ich ihre grünen Augen und die helle Haut, „Oder hast du einfach gute Quellen, hier?“, das 'hier' betonte ich. Ich konnte es mir nicht vorstellen, jedenfalls nicht hier! Es wäre echt komisch aber auch irgendwie lustig, wenn sie das Zeug von Mord persönlich kriegen würde. Bei Gollum auf Ecstasy konnte ich es mit vorstellen. Ihre nächsten Worte klangen traurig, so als wäre die Fröhlichkeit ihres Ortes bereits verfolgen. Unsicher blickte ich sie an, ihre milchigen Augen, die so traurig in die Leere starrten. „Bist du schon lange hier, Elenia?

//der ist auch kurz!
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